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Eine große Resonanz fand die Einladung zur Informations-Veranstaltung zum Thema der Flüchtlinge in Much, zu der die Gemeinde-Verwaltung und die 'Flüchtlingshilfe Much' am vergangenen Montag (07.12.) geladen hatten. Knapp 350 Besucher waren in die Aula des Schulzentrums gekommen, um den aktuellen Sachstand zu erfahren und sich aus erster Hand bei Aktiven der Flüchtlingshilfe über deren Arbeit zu informieren oder auch Möglichkeiten auszuloten, sich selbst einzubringen.
Über den aktuellen Stand der Zahlen von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Much sowie deren Unterbringung hatten wir bereits am vergangenen Wochenende berichtet (siehe separate Meldung). Bürgermeister Norbert Büscher gab nun bekannt, daß die Verwaltung auch für das kommende Jahr mit einer Zuweisung von rund 300 Personen rechnet, womit sich die Gesamtzahl verdoppeln könnte. Er und Ordnungsamtsleiter Stefan Mauermann würdigten die Bereitschaft der Mucher, ausreichend Wohnraum zur Unterbringung der Menschen zur Verfügung zu stellen, so daß bislang keine Massenunterkünfte eingerichtet oder Turnhallen umfunktioniert werden mußten. Die dezentrale Unterbringung habe sich sehr bewährt.
In der Folge berichteten Vertreter der drei Arbeitsgruppen der 'Flüchtlingshilfe Much' über ihre Arbeit und Erfahrungen, die sich grob unterteilt auf die Sprachförderung, die Begegnung und die Begleitung erstrecken. Zur Betreuung der zugereisten Menschen werden umfangreiche Hilfen geboten und Angebote vorgehalten. Näheres über die Struktur und bereits Geleistetes kann der Internetseite der Initiative entnommen werden : www.fluechtlingshilfe-much.de . Dort sind auch die Ansprechpartner zu finden, wenn Sie Unterstützung leisten möchten.
Der aussagekräftige Erfahrungsbericht des vor 14 Monaten aus dem Osten Syriens nach Deutschland gekommenen Jihad Al Jassem Al Mustafa verdeutlichte, daß sich hinter den zumeist trockenen Flüchtlingszahlen unzählige Einzelschicksale verbergen. Er zeigte auch eindrücklich, daß bei den Kriegsflüchtlingen aus dem Nahen Osten nicht wirtschaftliche Gründe, sondern Überlebensängste der Auslöser sind, ihre Heimat zu verlassen. Abschließend bedankte er sich mehrfach dafür, in Much so freundlich aufgenommen worden zu sein.
Nachfolgend hatten Besucher der Veranstaltung die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Roland Goy, Leiter der für Much zuständigen Polizeiwache Eitorf, erklärte auf Nachfrage, daß es keinerlei Vorfälle oder Übergriffigkeiten auf Flüchtlinge in Much oder dem Rhein-Sieg-Kreis gebe. Auch sei kein auffällig erhöhtes Einsatzaufkommen bezüglich der Anwesenheit von Flüchtlingen zu verzeichnen.
Einzelne Bürger bemängelten fehlende Informationen vor der Ansiedlung von Flüchtlingen in den einzelnen Ortsteilen. Eine frühzeitige Bekanntgabe würde entstehenden Vorbehalten vorbeugen, Unwissenheit schaffe Ängste. Seitens der Gemeinde wurde betont, bislang zuvor den Kontakt zu den Dorfvereinen oder Ortsvorstehern gesucht zu haben. Obwohl oftmals nur wenige Tage Vorlaufzeit bestünden, will man über zusätzliche Möglichkeiten der Information, zum Beispiel über Hauswurfsendungen, nachdenken.
Zur Frage, wie die Flüchtlinge mit Essen versorgt werden, konnte Stefan Mauermann berichten, daß sich die Menschen ihr Essen alle selbst zubereiten könnten. Dies sei durch die dezentrale Unterbringung in Wohnungen, die natürlich auch über Küchen verfügen, möglich. Auf diese Weise ist auch gewährleistet, daß individuelle Eßgewohnheiten beibehalten werden können. Zudem seien die Menschen über die 'Tafel' vernetzt.
Befragt zum Handlungsspielraum der Kommunen in Bezug auf die Zuweisung von Flüchtlingen, führte Bürgermeister Norbert Büscher an, daß es durch die klare Regelung des Grundgesetzes wenig Spielraum gebe. Circa 35 Prozent der Zugereisten - zumeist aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten auf dem Balkan - hätten aber vermutlich keinen Anspruch auf Asyl. Problematisch seien die sehr verzögerten Verfahren. Im Winter soll ein mobiles Team nach Much kommen, um noch nicht erfolgte Registrierungen durchzuführen und noch nicht begonnene Asylverfahren zu starten. Durch Rückführungen von Menschen ohne Asylberechtigung oder Flüchtlings-Status würden so wieder Plätze frei. Derzeit werden Menschen ohne Aussicht auf Asyl gar nicht mehr auf die Kommunen verteilt.
Bei der Frage nach dem aktuellen Bedarf gaben Vertreter der Flüchtlingshilfe an, daß insbesondere Haushalts-Gegenstände benötigt würden. Wer Derartiges entbehren könne, solle dies aber kurzzeitig noch zu Hause aufbewahren, weil momentan noch kein Raum zur Lagerung und Weiterverteilung von Waren zur Verfügung stehe. Dies ändere sich im Januar, die Gemeindeverwaltung wolle einen geeigneten Raum stellen. Sobald dieser eingerichtet ist, will die Flüchtlingshilfe einen Aufruf bezüglich Sachspenden veröffentlichen. Auch soll im Januar eine To-Do-Liste mit Aufgaben erstellt und an alle Helfer verteilt werden.
Als Resümee faßte Bürgermeister Büscher zusammen, daß es in der Flüchtlingsfrage drei gestafftelte Prioritäten gebe. Die erste sei, den Menschen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen. Danach sei die Sprachförderung wichtig, um die Integration der Menschen zu ermöglichen. Dritter Schritt sei, den Arbeitsmarkt für sie zu öffnen. Von der Sprachbarriere abgesehen, besteht eine Arbeitserlaubnis erst nach drei Monaten des Aufenthalts, Praktika seien aber möglich. Eine Information für Arbeitgeber sei notwendig, um Unsicherheiten zu beseitigen, was zulässig ist und was bezahlt werden darf oder muß. Er bezeichnete die Situation als Riesenchance für unser Bruttosozialprodukt.
Zwischenzeitlich gab die 'Lindner'-Hotelgruppe bekannt, daß - anders als vor Wochen angedacht - keine Notunterkunft für Flüchtlinge in Räumen des Hotels im Ortsteil Bövingen eingerichtet werde. Ein entsprechendes Angebot der Bezirksregierung Köln im Namen des Landes Nordrhein-Westfalen habe man nach eingehender Prüfung abgelehnt. (cs)
Ältere Meldungen zum Thema :
Aktuelles zum Stand der Flüchtlings-Unterbringung in Much
06.12.2015 - Über die Entwicklung der Flüchtlings-Situation im Gemeindegebiet informierte die Verwaltung im Rahmen der Sitzung des Gemeinderates in dieser Woche. Demnach leben derzeit 304 Flüchtlinge und Asylbegehrende, so die getroffene Formulierung, in Much. Bereits 107 dieser Personen haben ihre Wurzeln im vom Kriegsgeschehen betroffenen Syrien. Die Absicht, die Menschen dezentral unterzubringen, konnte realisiert werden, bislang stehe genug Wohnraum zur Verfügung. So wurden insgesamt 60 Wohnungen und Häuser angemietet, die der Gemeinde zu diesem Zweck angeboten wurden. Weitere werden jedoch benötigt.
Darüber hinaus wurden und werden die Flüchtlinge in drei gemeindeeigenen Objekten untergebracht. Dazu gehören das seit langem zu diesem Zweck vorgehaltene Mehrfamilienhaus in Niederheiden, ein neuangekauftes Haus an der Bundestraße 56 in Niederwahn und zukünftig auch das ehemalige "Landhaus Sommerhausen" im gleichnamigen Ortsteil, das die Gemeinde in jüngster Zeit erworben hat. Bei einer dort durchgeführten Infoveranstaltung für die Nachbarn habe es sehr unterschiedliche Meinungen gegeben, so Bürgermeister Norbert Büscher.
Dies habe vor allem daran gelegen, daß die Gemeinde gemeinsam mit den Akteuren der Flüchtlingshilfe prüfen will, ob sich das Objekt auch für eine seit kurzem gesuchte Begegnungsstätte für und mit Flüchtlingen eignet. Die Initiative sucht Räume, die sie in Eigenregie zum Beispiel für Sprachkurse nutzen kann, um nicht auf Räume des Jugendzentrums und der Kirchen angewiesen zu sein. Eine Begehung soll Näheres erbringen. Auch sei eventuell eine Nutzung des Schankraums im Untergeschoß für die Dorfgemeinschaft möglich.
Zahlreiche Bedenken gegen die Nutzung des früheren Gastronomie-Betriebes hätten ausgeräumt werden können. Seitens Anliegern war befürchtet worden, hier sollten Feste und Parties durchgeführt werden. Darüber hinaus sei fälschlich gemutmaßt worden, es solle eine Moschee eingerichtet werden. - Entgegen aller Gerüchte gehe es in den bestehenden Unterkünften sehr sehr ruhig zu, so Ordnungsamts-Leiter Stefan Mauermann. Einzig die für die Menschen bislang unbekannte Mülltrennung führe bisweilen zu Problemen.
Für die Betreuung der Flüchtlinge seien zwischenzeitlich Sozialarbeiter und Hausmeister eingestellt worden. Einen entscheidenden Anteil leiste außerdem die Flüchtlingshilfe Much mit ihren Arbeitsgruppen Begleitung, Begegnung und Sprachförderung. Zur Kostensituation berichtete Bürgermeister Norbert Büscher, daß bislang 25 Prozent der Kosten vom Land, 75 Prozent von der Gemeinde getragen worden seien. Künftig solle den Kommunen vom Bund über das Land eine Erstattung von jährlich 10.000 Euro pro Flüchtling für Unterbringung, Verpflegung etc. zukommen. Dies wäre zumindest für ländliche Kommunen auskömmlich.
Für den morgigen Montag (07.12.) laden die Gemeindeverwaltung und die Flüchtlingshilfe zu einer Informations-Veranstaltung in die Aula des Mucher Schulzentrums ein, um den Bürgern nähere Information zu erwarteten Zahlen, Wohnraum, Betreuung und Integration der Flüchtlinge vorzustellen. Neben der Verwaltung und den Akteuren der Flüchtlingshilfe soll auch ein Asylbewerber über seine Erfahrungen berichten, dazu gibt es die Möglichkeit zur Diskussion. Die Moderation des auf 90 Minuten angesetzten Abends, der um 19 Uhr beginnt, übernimmt der evangelische Pfarrer Andreas Börner. (cs)